Transvestismus von Johanna Martina Dorsch, Sozialtherapeutin


Was ist Fetischismus ?

Die Sexualpsychologie versteht unter Fetischismus die Verhaltenstendenz von Menschen, sich durch Gegenstände stimulieren und erregen zu lassen. Die sprachlichen Wurzeln des Begriffs "Fetisch" kommt aus dem lateinischen Verb facere (machen) und dem portugiesischen Wort feitico (Zauber). Bei Naturvölkern und in schamanistisch geprägten Kulturen steht der Begriff für die Verehrung lebloser Gegenstände. Dort werden Fetische in religiösen Zusammenhängen oder in der Naturheilkunde benutzt.

Der französische Psychologe Alfred Binet hat den Begriff Fetischismus angewendet, um die sexuelle Fixierung mancher Menschen auf Objekte zu erklären. Bestimmte Kleidungsstücke wie Stiefel, Handschuhe oder Pelzmäntel, heute vermehrt Kleidungsstücke aus Leder oder Gummi, können Objekte der Fixierung und damit Fetische sein. Richard von Krafft-Ebing beschreibt den Fetischismus als krankhafte Erscheinung, die dazu führt, dass Sexualität ohne Fetisch nicht möglich ist oder zumindest als unbefriedigend erlebt wird.

Nimmt der Fetischismus einen zwanghaften Charakter an, handelt es sich um eine krankhafte Störung, die möglicherweise behandlungsbedürftig ist. Sexuelle Erregung lässt sich in diesen Fällen nur über den Fetisch erreichen, bezieht sich jedoch nicht mehr auf den Partner oder die Partnerin. Es prägt sich eine zunehmende Besessenheit aus.


Welche Gegenstände können ein Fetisch sein?

Prinzipiell kann jeder Gegenstand zum Fetisch für einen Menschen werden. So können erotische Gedanken an einen Partner, die über einen Gegenstand vermittelt werden, sexuelle Erregung auslösen. Auch unabhängig von einem bestimmten Partner können Gegenstände zum Lustobjekt werden und als Stimulans bei der Selbstbefriedigung dienen. Dies sind beispielsweise Schuhe, Socken, Büstenhalter, getragene Unterwäsche oder Körpersekrete jeglicher Art. Sogar Tiere und Pflanzen können zum sexuell besetzten Fetisch werden.


Was ist Transvestitismus ?

Der Begriff Transvestitismus leitet sich aus dem Lateinischen ab: transvestire bedeutet verkleiden. Ursprünglich stand der Begriff für jede Art von Verkleidung. Heute beschreibt er eine starke, sexuell motivierte Neigung, die Kleidung des anderen Geschlechts zu tragen. Im Unterschied zum Transsexuellen haben Transvestiten eine klare Geschlechtsidentität. Meistens handelt es sich um Männer, die sich auch als Männer fühlen. Transvestiten sind in der Regel heterosexuell orientiert und oft verheiratet. Weibliche Transvestiten sind selten.


Unterschiede zwischen Transvestitismus und Transsexualität?

Transvestiten empfinden es als besonders erregend, die Kleider des anderen Geschlechts zu tragen (so genanntes Cross-Dressing). Für Transsexuelle ist das eher normal und entspannend. Transvestiten haben hingegen eine
fetischistische Beziehung zu Kleidungsstücken des anderen Geschlechts. Sie erreichen eine befriedigende Sexualität oft nur in Verbindung mit der entsprechenden Verkleidung.


Transvestitismus und Gesellschaft

Das Hauptproblem beim Transvestitismus ist die gesellschaftliche Toleranz. Akzeptiert das soziale Umfeld das Verhalten des Transvestiten, ist es ein Teil seiner Lebensgestaltung und verliert den problematischen Charakter. Therapeutische Hilfe ist dann meistens nicht notwendig.



Vorwort von Volkmar Sigusch "Geschlechts Wechsel" 1995

Wir leben in einer Welt, in der es allem Anschein nach nur weibliche und männliche wesen, nur Frauen und Männer gibt. Begegnen wir einem Menschen, ordnen wir in eines die beiden Kästchen ein, im allgemeinen ohne zu überlegen. Gelingt uns das einmal nicht automatisch, sind wir verwirrt. Denn das Grundgesetz der Geschlechtlichkeit heisst in unserer Kultur nun einmal: entweder weiblich oder männlich, entweder Frau oder Mann. Gewaltig ist deshalb der allgemeine Druck, ebenso sichtbar wie unsichtbar, sich selbst einem der beider Geschlechter zuzuordnen. Und wehe denen, die das nicht können. Der Druck ist so enorm, weil das Geschlecht etwas einfach Gegebenes zu sein scheint, durch und durch natürlich und unverrückbar. Tatsächlich aber ist im allgemeinen nur das körperliche Geschlecht einfach gegeben, nicht aber die letztlich entscheidende Geschlechtsidentität, das heisst die seelische Gewissheit, diesem oder jenem Geschlecht anzugehören. Doch wehe denen die das vorausgebebene Körpergeschlecht nicht mit der danach entstandenen Geschlechtsindentiät zusammenfügen können. Die setzen das Grundgesetz der Geschlechtlichkeit ausser Kraft, wenn auch oft nur vor übergehend, und berauben die Aussage "Das ist entweder eine Frau oder ein Mann" ihrer gewissermassen naturwüchsigen Selbstverständlichkeit.